Bis um die Mitte des 19. Jahrhunderts war das wissenschaftliche Interesse für die medizinischen Texte der Antike weitgehend auf die Fachvertreter der Medizin beschränkt. Die Texte gehörten zum Fundus der unter sachlichen Gesichtspunkten relevanten Literatur. Ihre editorische Bearbeitung wurde dementsprechend von Medizinern für Mediziner besorgt. Unter diesen Voraussetzungen waren der Anwendung der von der Klassischen Philologie entwickelten Methoden der Textkritik enge Grenzen gesetzt. Als markantes Beispiel für Ausgaben dieser Art ist die von Carl Gottlob Kühn, Professor für Physiologie und Pathologie an der Universität Leipzig, inaugurierte Gesamtausgabe der Werke der griechischen Ärzte (Medicorum Graecorum Opera quae exstant) zu nennen, in deren Rahmen von 1821 bis 1833 die Autoren Galen, Hippokrates, Aretaios und Dioskurides publiziert worden sind. Für Galen ist die Kühnsche Ausgabe trotz ihrer Unzulänglichkeit zu einem großen Teil auch heute noch maßgeblich. Sie ist im Bestand und in der Textgestaltung im wesentlichen ein Nachdruck der von R. Chartier 1679 in Paris veröffentlichten Edition.
In der Situation, den Kühntext als Grundlage für die Klärung einer quellenkritischen Fragestellung zu benutzen, machte Hermann Diels noch als Student 1869 die Erfahrung, daß der Text in dem konkreten Fall auf Grund nachträglicher Zusätze als historische Quelle völlig unbrauchbar war. Auch an anderen Ausgaben medizinischer Schriften bestätigte sich für ihn der Sachverhalt, daß die in ihnen gebotenen Textfassungen an Authentizität weit von dem entfernt waren, was durch die philologische Aufarbeitung der Überlieferung erreicht werden kann. Diese Erkenntnis weckte in ihm den Wunsch, ein brauchbares Ärztecorpus zu schaffen.
Die Gelegenheit, dieses Anliegen zu verwirklichen, bot sich Diels, als der dänische Gelehrte Johan Ludvig Heiberg ihm im Jahre 1901 während der ersten Generalversammlung der Internationalen Association der Akademien in Paris den Vorschlag machte, ein den Anforderungen der modernen Textkritik genügendes Corpus der antiken Ärzte als Gemeinschaftsunternehmen der Berliner und der Kopenhagener Akademien herauszugeben.
Bereits drei Monate nach dem Gespräch mit Heiberg legte Diels der philosophisch-historischen Klasse an der Berliner Akademie einen ersten Plan für das Corpus medicum vor. Bei dessen Erarbeitung war er von Hermann Schöne unterstützt worden, der durch wissenschaftliche Publikationen auf dem Gebiet der antiken Medizin seine Kompetenz für diese Aufgabe ausgewiesen hatte. Auf der Klassensitzung machte Diels geltend, daß das geplante Unternehmen auch dem Interesse der physikalisch-mathematischen Klasse entspricht, da die Existenz dieses Corpus eine unabdingbare Voraussetzung für die Erforschung der Geschichte der antiken Medizin ist.
Als erster Schritt zur Realisierung des Vorhabens wurde die Erfassung und Katalogisierung aller Handschriften mit antiken medizinischen Texten sowohl im griechischen und lateinischen Original als auch in lateinischen, syrischen, arabischen und hebräischen Übersetzungen in den europäischen Bibliotheken in Angriff genommen. Auch an diesen vorbereitenden Arbeiten ist Schöne durch seine konzeptionellen Überlegungen und seine Bibliotheksreisen in Italien und Frankreich maßgeblich beteiligt gewesen. Die endgültige Herstellung des Druckmanuskripts für die Kataloge und die Überwachung des Drucks übertrug Diels nach der Absage Schönes seinem Schüler Johannes Mewaldt.
Nach der Publikation der Kataloge zu den Handschriften der griechischen Ärzte 1905 und 1906 konnte 1907 mit Zustimmung der dritten Generalversammlung der Internationalen Association der Akademien die Arbeit am Corpus Medicorum Graecorum (CMG) aufgenommen werden. Als dessen erster Redaktor wurde auf Diels' Vorschlag hin Mewaldt eingesetzt, dem in dieser Funktion, die er von 1907 bis 1933 innehatte, die Geschäftsführung des Unternehmens zukam.
Vor der Gründung des CMG hatte die Sächsische Gesellschaft der Wissenschaften zu Leipzig ihre Bereitschaft zum Mitwirken an dem Unternehmen erklärt, so daß die Akademien zu Berlin, Kopenhagen und Leipzig für die Herausgabe des Corpus gemeinsam die Verantwortung übernahmen. Die Federführung lag von Beginn an bei der Berliner Akademie. Die Zuständigkeit für die Edition der lateinischen Reihe Corpus Medicorum Latinorum (CML) war 1905 der Puschmann-Stiftung an der Universität Leipzig übertragen worden, 1957 ging auch sie auf die Berliner Akademie über.
Nach dem Tode von Hermann Diels übernahm vorübergehend Ulrich von Wilamowitz-Moellendorff die Leitung der für das CMG zuständigen Kommission. Auf ihn folgte 1924 Werner Jaeger, der ohne Erfolg darauf hinzuwirken versuchte, die Arbeit am CMG in ein größeres Institut für Geschichte der Wissenschaften zu integrieren, das an der Akademie hätte gegründet werden sollen. Nach dessen Emigration 1936 übernahmen zunächst Eduard Norden, später Ludwig Deubner und dann Johannes Stroux die Leitung, nach dem Krieg bis 1950 Wolfgang Schadewaldt.
Als Nachfolger Mewaldts übte Karl Deichgräber faktisch ab 1929 (offiziell ab 1934) die Funktion des Redaktors bis in die späten 50er Jahre aus. Besondere Verdienste um den Wiederaufbau des Unternehmens nach dem Ende des Krieges hat sich Konrad Schubring erworben, der von 1946 bis 1961 Leiter der Arbeitsstelle in Berlin war. Nach seinem Ausscheiden übernahm Jutta Kollesch die Leitung, die sie von 1961 bis 1998 innehatte. Mit ihrer erfolgreichen Tätigkeit hat sie fast vier Jahrzehnte lang die Arbeitsstelle geprägt. Im Anschluß an sie waren Diethard Nickel von 1999 bis 2004 und Christian Brockmann von 2005 bis 2008 mit der Arbeitsstellenleitung betraut, die seitdem von Roland Wittwer wahrgenommen wird.
Eine besondere Schwierigkeit, mit der sich die Herausgeber des antiken Ärztecorpus bis heute konfrontiert sehen, besteht darin, daß es im Weltmaßstab nur verhältnismäßig wenige Klassische Philologen gibt, die über die für eine Edition medizinischer Texte erforderlichen Spezialkenntnisse verfügen. Bei diesen Gegebenheiten war das Unternehmen von Anfang an auf internationale Kooperation hin angelegt. In den letzten Jahrzehnten hat sich die Zahl ausländischer Mitarbeiter an den Corpora beträchtlich vergrößert. Wissenschaftler aus Belgien, England, Frankreich, Italien, Kanada, Schweden, Schweiz, Spanien, Ungarn und den USA konnten in diesem Zeitraum als Bearbeiter von Texteditionen gewonnen werden.
Schon in seinen konzeptionellen Vorüberlegungen zur Gründung des antiken Ärztecorpus hatte Diels die Absicht geäußert, den kritischen Textausgaben neusprachige Übersetzungen und knappe Sacherklärungen beizugeben, um die Quellentexte auch einem Benutzerkreis zugänglich zu machen, der mit den antiken Sprachen nicht hinreichend vertraut ist. Mit diesem Anliegen sollte in erster Linie den Bedürfnissen der Medizinhistoriker Rechnung getragen werden. Das Vorhaben konnte jedoch zunächst nicht realisiert werden. Entsprechende Überlegungen wurden angesichts der veränderten Bildungssituation Jahrzehnte später wieder aufgegriffen, so daß 1965 auf einer Sitzung der Ständigen Kommission des Corpus Medicorum Graecorum der Beschluß gefaßt wurde, die Texte beider Reihen nur noch mit Übersetzungen zu publizieren. Mit der Entscheidung für Deutsch, Englisch, Französisch und Italienisch als Übersetzungssprachen wird zum einen dem überwiegenden Teil der ausländischen Mitarbeiter die Möglichkeit gegeben, die von ihnen bearbeiteten Texte in ihre Muttersprache zu übertragen; zum anderen sollten es Sprachen sein, die einem möglichst großen Kreis von Interessenten erlauben, zu den antiken medizinischen Texten Zugang zu finden. Durch die Einführung der Übersetzungen entfiel die bis dahin bindende Vorgabe, Latein als Sprache für die Abfassung der Einleitungen zu verwenden.
Der Hauptreihe des Corpus Medicorum Graecorum wurde 1963 ein spezielles "Supplementum Orientale" beigeordnet, in dem die medizinischen griechischen Schriften, die nur in einer orientalischen Übersetzung erhalten sind, zugänglich gemacht werden. 1994 erfolgte die Umstellung der Buchproduktion vom herkömmlichen Satz auf die von der Arbeitsstelle realisierte computergestützte Herstellung von reproreifen (camera-ready) Druckvorlagen.