Anatomie

[griechisch, "Zergliederung des Körpers"]: Die ersten Spuren anatomischer Kenntnisse finden sich in den Homerischen Epen. Um 500 v. Chr. führte Alkmaion von Kroton zum erstenmal anatomische Forschungen an Tieren durch. Da die Sektion menschlicher Leichen in Griechenland aus religiösen Gründen nicht möglich war, wurden bis etwa 300 v. Chr., abgesehen von zufälligen Beobachtungen, die bei Tiersektionen gewonnenen Erkenntnisse auf den menschlichen Körper übertragen, was zu vielen Irrtümern bei der Beschreibung der menschlichen Organe führte. Ihren Höhepunkt erreichte die Anatomie mit den Forschungen von Herophilos und Erasistratos im 3. Jh. v. Chr. in Alexandreia, wo, begünstigt durch die ägyptische Tradition der Mumifizierung und die Veränderung religiöser und philosophischer Vorstellungen über das Wesen der Seele bei den Griechen, erstmalig auch menschliche Leichen seziert werden konnten. Auch von Vivisektionen an zum Tode verurteilten Verbrechern wird berichtet. Bis zum Ausgang der Antike wurden in der Anatomie keine wesentlichen Entdeckungen mehr gemacht. Man beschränkte sich darauf, die gewonnenen Erkenntnisse zu verarbeiten und weiterzugeben. Durch die anatomischen Schriften Galens gelangten die antiken anatomischen Kenntnisse in die mittelalterliche Medizin, wo sie bis zur Renaissance autoritative Geltung behielten.

Quelle: Lexikon der Antike
Text: J. Kollesch